Was bedeutet Gender Mainstreaming?

Der Begriff setzt sich zusammen aus den Wörtern „Gender“, dem sozial und kulturell konstruierten Geschlecht eines Menschen und „Mainstreaming“, was so viel bedeutet wie etwas zur Hauptrichtung zu machen.

Gender Mainstreaming beschreibt eine politische Strategie mit dem Ziel der Gleichstellung von Frauen* und Männern*. Beim Gender Mainstreaming geht es darum, die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen* und Männern* bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu berücksichtigen. Die Umsetzung von Gender Mainstreaming stellt in allen Handlungsfeldern sicher, dass politische Programme, Maßnahmen oder Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen* und von Männern* untersucht werden. Auf Grundlage der Bewertung dieser Auswirkungen sollen entsprechende Maßnahmen zur Gleichstellung ergriffen werden.

Die Grundlage dafür bildet die Feststellung, dass es keine geschlechtsneutrale Realität gibt. Daher sollen nicht nur die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen* und Männern* sichtbar gemacht werden, sondern auch deren Ursachen ermittelt werden. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass geschlechtsbezogene Ungleichheiten überwunden werden. Frauen* und Männern* sollen die gleichen Entfaltungsmöglichkeiten haben und denselben Zugang zu Ressourcen erhalten.

Gender Mainstreaming ergänzt damit die bisherige Gleichstellungspolitik, die vorrangig bei der Förderung von Frauen* ansetzt, um die Fokussierung auf Rahmenbedingungen und Strukturen sowie deren Veränderung. Im Rahmen des Gender Mainstreaming ist es demzufolge auch möglich gezielt Männer* zu fördern, wenn dies zur Gleichstellung der Geschlechter beiträgt.

Beim Gender Mainstreaming handelt es sich um ein politisches Leitprinzip, dass alle politischen Akteur*innen verpflichtet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Bedürfnisse und Ausgangslagen von Frauen* und Männern* zu berücksichtigen und in ihr Entscheiden mit einzubeziehen.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist dabei die Entwicklung eines Implementierungskonzepts, das konkrete Ziele benennt und vorschreibt wann und mittels welcher Prozesse diese Ziele umgesetzt werden sollen. Zur Umsetzung der Strategie des Gender Mainstreaming stehen unter anderem folgende Instrumente zur Verfügung:

  • Gender Impact Assessment (geschlechtergerechte Prüfung gesetzlicher Maßnahmen)
  • Gender Proofing (Gleichstellungsprüfung)
  • Gender Trainings (Bewusstseinsbildung, Schulung, Aufbau von Gender-Kompetenz)
  • Gender Budgeting (geschlechtergerechte Haushaltsplanung)
  • Gender Planning (geschlechtergerechte räumliche Planung).

Wie ist die geschichtliche Entwicklung?

Gender Mainstreaming ist das Ergebnis verschiedener internationaler und nationaler gleichstellungspolitischer Aktivitäten, die sich gegenseitig beeinflusst haben. Das Ziel, vor allem Frauen* verstärkt in das politische, ökonomische und gesellschaftliche Alltagsgeschäft (Mainstream) zu integrieren, wurde zum ersten Mal auf der 3. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Nairobi 1985 diskutiert. Mainstreaming bezeichnete dabei eine Doppelstrategie, da das Ziel des Ansatzes sowohl die Entwicklung von frauenspezifischen Förderprogrammen als auch die Aufnahme von Frauen* in die herrschenden Strukturen des Mainstreams war.

Die Vereinten Nationen haben den Begriff „Gender Mainstreaming“ etabliert und die Umsetzung dieser Strategie auf der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 verabschiedet. 1996 verpflichtete sich die Europäische Union zur Einbindung des Gender Mainstreaming in sämtliche politische Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft. Dabei wird Gender Mainstreaming in den Leitlinien der EU als Querschnittsaufgabe begriffen.

Nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags 1999, der die Strategie des Gender Mainstreamings auf EU-Ebene rechtlich auch für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festschrieb, erkannte das Bundeskabinett die Strategie des Gender Mainstreamings als Leitprinzip der Bundesregierung zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frau und Mann an und verankerte dieses 2001 auch im neuen Bundesgleichstellungsgesetz.

In der sächsischen Staatsregierung wurde Gender Mainstreaming 2004 als politisches Leitprinzip aufgenommen. Zur Implementierung hat sich ein Interministerieller Arbeitskreis „Gender Mainstreaming“ konstituiert, dem alle Gender Mainstreaming Ansprechpartner*innen der Ressorts der Staatsregierung angehören.

Welche Kritik gibt es an der Umsetzung von Gender Mainstreaming?

In Deutschland fehlt es nicht an Beschlüssen und Vereinbarungen zu Gender Mainstreaming, aber der politische Wille zur Umsetzung ist nicht überall gegeben. Damit kommt die Umsetzung von Gender Mainstreaming in Deutschland nur mangelhaft voran. Es fehlt eine gesetzliche Grundlage für die Anwendung von Methoden des Gender Mainstreaming, an Strukturen für die Umsetzung und am Kompetenzaufbau für die Akteur*innen. So gibt es bspw. keine Informationen, wie viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder und Kommunen regelmäßig und systematisch an Maßnahmen zum Kompetenzaufbau im Bereich Gleichstellung teilnehmen.

Entsprechend werden weder Anreize zur Umsetzung gesetzt noch ist eine Rechenschaftspflicht verankert oder eine Evaluation gewährleistet. Es fehlt ein Nationaler Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter, der präzise Ziele, Indikatoren, Maßnahmen, Fristen, ein Monitoring, Sanktionen und ein Partizipationsverfahren enthält. Gleichstellungsbezogene Folgenabschätzung von Politikprogrammen, Aktionsplänen und Projekten sind nicht systematisch implementiert [1].