Beanstandung
Recht auf Beanstandung innerhalb einer Woche in schriftlicher Form, wenn:
- Maßnahmen im Sinne von 20 Absatz 1 und 2 (zu den Beteiligungsrechten der*des Gleichstellungsbeauftragten) gegen dieses Gesetz oder andere Vorschriften über die Gleichstellung von Frauen und Männern verstoßen
- sie oder er in ihren oder seinen Rechten aus diesem Gesetz verletzt wird oder
- die Dienststelle einen den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechenden Gleichstellungsplan nicht aufgestellt oder nicht angepasst hat SächsGleiG § 21 (1)
Das Beanstandungsverfahren kann drei Ausgangspunkte haben: […}
1.) Wenn Maßnahmen oder Entscheidungen […] nach Einschätzung von Gleichstellungsbeauftragter*m […] gegen Vorschriften über die Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere aus dem GG, der SächsVerf, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder dem SächsGleiG verstoßen. […]
2.) Wenn gegen die Rechte der*des Gleichstellungsbeauftragten verstoßen wird. […] dies
schließt insbesondere die zu späte oder gänzlich unterlassene Unterrichtung oder Beteiligung der oder des Gleichstellungsbeauftragten ein.
3.) nicht ordnungsgemäß ein Gleichstellungsplan aufgestellt wurde [Begründung zum SächsGleiG S. 75]
Bis zur abschließenden Entscheidung über die Beanstandung ist die Maßnahme auszusetzen. SächsGleiG § 21 (2)
Beanstandet werden kann ein konkreter Fall oder aber auch eine sich wiederholende Praxis, die Gleichstellungsbeauftragte beobachten, wie z.B. dass Teilzeitbeschäftigten, die vermehrt Frauen sind, wiederholt die Teilnahme an Weiterbildungen nicht genehmigt wird.
Wichtig ist, dass der Zugang der Beanstandung sichergestellt ist. Am besten durch eine schriftliche Bestätigung, dass das Schreiben tatsächlich beim Empfangenden angekommen ist. (vgl. Gleichstellung im Blick. August 2024. S. 3)
Hilft eine nachgeordnete Dienststelle der Beanstandung nicht vollumfänglich ab, legt sie diese der nächsthöheren Dienststelle unverzüglich vor, die innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der Beanstandung abschließend entscheidet. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und der Dienststellenleitung der nachgeordneten Dienststelle zur Beachtung sowie der*dem dortigen Gleichstellungsbeauftragten unverzüglich zu übermitteln. SächsGleiG § 21 (4)
Gegenstand der abschließenden Entscheidung ist lediglich die Rechtmäßigkeit der Beanstandung. Die nächsthöhere Dienststelle entscheidet, inwieweit die formellen Voraussetzungen der Beanstandung erfüllt sind […] Die nächsthöhere Dienststelle entscheidet hingegen nicht über die eigentliche personelle oder soziale Maßnahme.
Die schriftlich begründete abschließende Entscheidung ist unverzüglich der nachgeordneten Dienststelle und der oder dem dortigen Gleichstellungsbeauftragten zu übermitteln. Für letztere oder letzteren beginnt damit ggf. die Klagefrist.
Die nachgeordnete Dienststelle hat die abschließende Entscheidung der nächsthöheren Dienststelle zu berücksichtigen und ggf. ihre eigene ursprüngliche Entscheidung zu korrigieren. Erst dann ist der Willensbildungsprozess der Dienststellenleitung als abgeschlossen anzusehen und es existiert eine „beabsichtigte Maßnahme“ im Sinne der §§ 76 Absatz 1 und 79 Absatz 2 Satz 1 SächsPersVG, vor deren Durchführung der Personalrat zu beteiligen ist. Mithin führt das Beanstandungsverfahren der oder des Gleichstellungsbeauftragten nicht zu einer Beschränkung der Rechte des örtlichen Personalrats, sondern lediglich zu einer Verzögerung der Willensbildung der Dienststellenleitung. [Begründung zum SächsGleiG S. 76 ]
Beanstandungen der*des Gleichstellungsbeauftragten der obersten Dienstbehörden oder von Gleichstellungsbeauftragte in den Kommunalen Dienststellen werden in einem Gespräch zwischen der Dienststellenleitung und der oder dem Gleichstellungsbeauftragten erörtert. Die Dienststelle entscheidet innerhalb von drei Monaten nach der Beanstandung abschließend. SächsGleiG § 21 (5)
Mangels nächsthöherer Dienstbehörde muss eine Lösung innerhalb dieser Dienststellen gefunden werden. Hierzu ist ein eingehendes Erörterungsgespräch zwischen der oder dem Gleichstellungsbeauftragten und der Dienststellenleitung durchzuführen. Nach erfolgter Erörterung verbleibt die Letztentscheidungsbefugnis bei der Dienststellenleitung, die allerdings innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der Beanstandung entscheiden muss. [Begründung zum SächsGleiG S. 76 ]
Klagerecht
Eine Neuerung im Vergleich zum abgelösten SächsFFG enthält § 22 mit dem Klagerecht für die Gleichstellungsbeauftragten. Für eine größere Wirksamkeit des SächsGleiG soll die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nunmehr zum Teil auch gerichtlich überprüfbar sein. Der Klageerhebung muss eine erfolglose Beanstandung vorausgehen. [Begründung zum SächsGleiG S. 76]
Wird einer Beanstandung wie z.B.:
- Rechte von Gleichstellungsbeauftragten wurden verletzt
- es wurde kein Gleichstellungsplan aufgestellt (Bezüglich der Aktualisierung des Gleichstellungsplanes besteht lediglich ein Beanstandungsrecht [siehe Begründung zum SächsGleiG S. 77])
- zuständige Dienststelle hat nicht innerhalb der Frist über Beanstandung entschieden (In diesem Fall sind die Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung zur Untätigkeitsklage anwendbar. [siehe Begründung zum SächsGleiG S. 77])
nicht vollumfänglich abgeholfen, kann die*der Gleichstellungsbeauftragte innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung das Verwaltungsgericht anrufen. SächsGleiG § 22 (1)
Soweit die oder der Gleichstellungsbeauftragte die Verletzung eigener Rechte und insbesondere die Nichtbeteiligung an personellen Einzelmaßnahmen, wie z. B. einer Stellenbesetzung, geltend macht, kann auch diese Einzelmaßnahme hinsichtlich der Mitwirkungs-, Beteiligungs-, Informations- und Verfahrensrechte der oder des Gleichstellungsbeauftragten mittelbar Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung werden. [Begründung zum SächsGleiG S. 76]
Achtung: Klagen können Gleichstellungsbeauftragte nur, wenn ihre eigenen Rechte verletzt wurden oder kein Gleichstellungsplan aufgestellt wurde, jedoch nicht dagegen, dass eine Mitarbeiterin diskriminiert wurde. Dieses kann nur beanstandet werden und müsste, wenn die Beanstandung nicht erfolgreich war, ggf. von der betroffenen Mitarbeiterin selbst über das AGG eingeklagt werden.
Achtung: Nachdem einer Beanstandung nicht vollumfänglich abgeholfen wurde, haben Gleichstellungsbeauftragte nur einen Monat Zeit um Klage einzureichen und sich eine*n Anwalt*Anwältin zu engagieren
Wichtig für eine Klage ist, dass Gleichstellungsbeauftragte vorweisen können, dass es zuvor einen außergerichtlichen Einigungsversuch gab. Dieser ist schriftlich zu dokumentieren und zu protokollieren. (vgl. Gleichstellung im Blick. August 2024. S. 8)
Die Anrufung des Verwaltungsgerichts hat keine aufschiebende Wirkung. SächsGleiG § 22 (3)
Mit der abschließenden Entscheidung der nächsthöheren bzw. eigenen Dienststelle endet die aufschiebende Wirkung der Beanstandung. Die ursprünglich durch die Dienststelle geplante Maßnahme kann durchgeführt werden. [Begründung zum SächsGleiG S. 77]
Die Dienststelle trägt die notwendigen Kosten für das gerichtliche Verfahren, die der*dem Gleichstellungsbeauftragten entstehen. SächsGleiG § 22 (4)
2.3.1.2.10. Weitere Ausstattung – Kosten der Rechtsverfolgung (§ 22 Absatz 4)
Zur finanziellen Ausstattung der Gleichbeauftragten gehört auch die in § 22 Absatz 4 enthaltene Pflicht der Dienststellen, die durch ein eventuelles gerichtliches Verfahren entstehenden notwendigen Kosten zu tragen. Aufgrund der Neueinführung dieses Klagerechts mit dem Sächsischen Gleichstellungsgesetz kann noch nicht auf Erfahrungswerte in Sachsen zurückgegriffen werden.
Zur Bestimmung der zu erwartenden Kosten wurde eine Länderabfrage zu Erfahrungswerten hinsichtlich der Anzahl und finanziellen Auswirkungen von Klageverfahren der Gleichstellungsbeauftragten durchgeführt. Soweit die Landesgleichstellungsgesetze ein dem § 22 Absatz 1 entsprechendes Klagerecht vorsehen und die Bundesländer die entsprechenden Daten erheben, lässt die Abfrage die Prognose zu, dass es zu äußerst wenigen Klageverfahren und vernachlässigbar geringen Kosten kommen wird. Rheinland-Pfalz berichtet, dass seit 2015 keine Klageverfahren angestrengt wurden. Thüringen berichtet selbiges seit 2018. In Bremen waren bei der letzten Ergebung 2018 zum Stichtag 13 Verfahren anhängig, die jedoch ggf. bereits in den Vorjahren begonnen wurden. Das Saarland berichtete über „wenige Verfahren“. Hinsichtlich der Kosten eines Klageverfahrens ist davon auszugehen, dass der Auffangstreitwert des § 52 Absatz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (5.000 Euro) anzusetzen ist. Hieraus berechnen sich sodann die Kosten der Rechtsverfolgung, die bei ungefähr 1.400 Euro pro Verfahren liegen dürften. Selbst bei einem großzügigen Ansatz von 10 Klageverfahren pro Jahr ist mithin nicht davon auszugehen, dass § 22 jährlich höhere Sachkosten als 20.000 Euro verursachen wird. [Begründung zum SächsGleiG S. 35/36]
Redaktion
Sinah Hegerfeld I letzte Aktualisierung 10.12.2024