Was bedeutet Antifeminismus?

Antifeminismus zeichnet sich durch eine ausdrückliche Gegnerschaft zum Feminismus und zur Pluralität von sexuellen, geschlechtlichen und familiären Lebensweisen aus. Antifeministische Akteur*innen kommen aus unterschiedlichen Milieus und Spektren der Gesellschaft. So gibt es sie sowohl in der Mitte der Bevölkerung als auch in extremen rechten Kreisen und organisierten Gruppen. Antifeminist*innen können z.B. Konservative, fundamentalistische Christ*innen, Journalist*innen, Maskulist*innen und Wissenschaftskritiker*innen sein. Sie positionieren sich gegen Gender Studies und kritische Wissenschaften, bekämpfen die Gleichstellungspolitik, feministische Politiken und Vielfaltspädagogik und wollen keine reproduktiven Rechte für Frauen* gewährleisten. Antifeminismus ist oft eng verwoben mit Populismus, Nationalismus und homophoben oder rassistischen Denkweisen. Nicht nur die Argumentationen des Antifeminismus überschneiden sich mit der Extremen und Neuen Rechten; es werden auch gemeinsame Bündnisse und Netzwerke gebildet.

Der Antifeminismus richtete sich sowohl gegen den Feminismus als kollektive Bewegung als auch gegen gesetzlich verankerte Frauen- und Gleichstellungsarbeit. Die wichtigsten Punkte der aktuellen antifeministischen Politiken sind die Bekämpfung der Geschlechtergerechtigkeit, des Feminismus, der Gender Studies und der vielfältigen Lebensentwürfe von Frauen* und Familien sowie die Ablehnung der Gleichberechtigung von LGBTIQ*.

Vor allem der Begriff „Gender“ wird vom Antifeminismus angegriffen und abgelehnt. Das Geschlecht wird als rein binär (Mann – Frau) und als biologisch gegeben gesehen, anstatt die gesellschaftliche Konstruktion dieser anzuerkennen. Auch das Prinzip des „Gender Mainstreaming“ wird angefochten und als Machtinstrument der EU dargestellt.

Angesichts neuer globaler und gesellschaftlicher Herausforderungen, der Pluralisierung von Rollenbildern und Lebensmodellen fühlen sich viele Menschen verunsichert, so dass es vor allem in Zeiten von wirtschaftlichen und sozialen Krisen zu einer Rückkehr zu traditionellen Geschlechterbildern bei Männern* und Frauen* kommen kann und diese wieder populär werden. So sind laut der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ des Soziologen Wilhelm Heitmeyer rechtspopulistische Haltungen auch in der Mitte der Gesellschaft häufiger geworden.

Wie gehen Antifeminis*innen vor?

Antifeminist*innen sind vor allem im Internet aktiv. Dort können sie in Geschlechterdiskurse intervenieren, polarisieren und damit wichtige Debatten blockieren. Beispielsweise wird mithilfe von Hate speech (deutsch: Hassrede), also der Einschüchterung von Einzelpersonen durch Beleidigungen, Erniedrigungen und sogar durch die Androhung von Gewalt oder Mord, die Zielgruppe extrem abgewertet, verletzt und keine Rücksicht auf eine Gefährdung der körperlichen oder geistigen Unversehrtheit genommen. Ziel ist es, die Identität des Gegenübers oder sogar die Person selbst zu zerstören.

Ein beliebtes Argumentationsmittel des Antifeminismus ist auch die männliche Opferideologie, d.h. die Ansicht, Männer seien Opfer des Feminismus und der Gleichstellungspolitik. Dadurch werden Jungen und Männer als Verlierer und Unterdrückte in der Gesellschaft dargestellt, die heute stärker benachteiligt seien als Frauen* und Gleichstellung benötigten. Dies stellt einen Bruch zum früheren Antifeminismus dar, dessen Ausgangspunkt die Vorstellung der natürlichen Überlegenheit des Mannes war. Heute soll um die männlichen Rechte und Vorrechte gegenüber den Frauen* gekämpft werden.

Antifeminist*innen versuchen durch normative Begriffsverwendungen die Deutungshoheit über Begriffe zu erhalten. So wird z.B. Familie als etwas Eindeutiges definiert (Ehepaar mit Vater, Mutter und Kindern) und exklusiv verwendet und alle anderen Formen des „Familie-Seins“ werden nicht anerkannt bzw. abgewertet (bspw. homosexuelle Lebensformen oder kinderlose Beziehungen).

Auch durch die Nutzung spezifischer Begriffe und Neuwortschöpfungen wird Deutungshoheit geschaffen. Deutlich zeigt sich das bei Wörtern wie „Frühsexualisierung“, „Homo-Lobby“, „Genderwahn“, „Raubtierfeminismus“ oder „Verschwulung“, die alle negative Assoziationen wecken und ausgrenzend gegen Personen oder Gruppen von Menschen wirken sollen. Solche Wörter schaffen es auch immer wieder eine Brücke zwischen extremen rechten Bewegungen und dem Mainstream, also der Mitte der Gesellschaft, herzustellen, da sie alle gleichermaßen ansprechen.