Was bedeutet Gleichstellung an Hochschulen?

Chancengerechtigkeit und Gleichstellung gehören mittlerweile zum Qualitätsmerkmal von Hochschulen und sind oftmals Voraussetzung, um an hochschulübergreifenden Programmen teilzunehmen oder Forschungsgelder von Stiftungen und Institutionen, sogenannte „Drittmittel“, zu erhalten.

Dabei ist Gleichstellungspolitik an Hochschulen – abhängig von gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Entwicklungen – einem stetigen Entwicklungsprozess unterworfen. So rücken neben „klassischen“ Frauenfördermaßnahmen zunehmend Themen der Genderforschung, wie die Vielfalt der Geschlechter oder die Beachtung intersektionaler Verschränkungen bei der Bekämpfung von Diskriminierung in den Vordergrund, sowie ökonomische Konzepte wie Diversity-Management-Strategien, die Vielfalt als verwertbaren Erfolgsfaktor begreifen.

Warum ist diese Arbeit an Hochschulen immer noch notwendig?

Initiativen und Maßnahmen, um die Chancengerechtigkeit und Gleichstellung an Hochschulen zu erhöhen, erweisen sich angesichts der aktuellen Lage noch immer als zwingend notwendig.

Ähnlich wie bei der Berufswahl zeichnet sich auch bei der Wahl des Studiengangs ein geschlechterstereotypes Verhältnis ab, das durch (fehlende) Rollenvorbilder und spezifische Fächerkulturen weiterhin genährt wird.

Darüber hinaus sind Frauen* in wissenschaftlichen Positionen unterrepräsentiert: So betrug der Anteil von Frauen* auf Professuren an deutschen Hochschulen 2018 durchschnittlich nur 25 Prozent. In Sachsen betrug der Anteil ein Jahr zuvor sogar nur 21,3 Prozent. Im wissenschaftlichen Mittelbau sind Frauen* durch Teilzeitverträge vermehrt prekär beschäftigt. Bundesweit erreichen im Jahr 2019 nur 54 Prozent der Frauen* im wissenschaftlichen Mittelbau ein Stellenvolumen von 32 Stunden und mehr, wohingegen es bei Männern* 68% sind.

Die leaky pipeline

Hinsichtlich der unterschiedlichen Karrierestufen der wissenschaftlichen Laufbahn, kann bei Frauen* die sogenannte „leaky pipeline“ beobachtet werden. Das heißt, dass der Frauenanteil kontinuierlich abnimmt, je höher die jeweilige Qualifikationsstufe ist und so selbst in frauendominierten Studiengängen spätestens nach der Promotion der Männeranteil überwiegt. Als Ursache werden hier strukturelle Barrieren angeführt, u.a. die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf, exkludierende Männernetzwerke und geschlechtsstereotype Vorbehalte.

Was sind zentrale Forderungen, damit geschlechtergerechte Strukturen etabliert werden können?

Zentrale Forderungen von Gleichstellungakteur*innen an Hochschulen sind

  • Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen* und die Erhöhung von Frauen* auf Professuren und in Führungspositionen
  • Abbau der Geschlechtersegregation bei den unterschiedlichen Studiengängen
  • Etablierung von Gender- und Diversityaspekten in Forschung, Lehre und Weiterbildung
  • Vereinbarkeit von Familie, Studium und Beruf
  • Strukturelle Verankerung von Gleichstellung und Chancengerechtigkeit auf allen Ebenen der Hochschule (durch Beauftragte, Stabsstellen, Netzwerke, in Gremien und Dokumenten wie Zielvereinbarungen, Grundordnung, Gleichstellungskonzept oder Frauenförderplan)

Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung dieser Forderungen?

Obwohl das Sächsische Frauenfördergesetz und das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz die angemessene Ausstattung der Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten und die Erstellung von Frauenförderplänen vorschreiben, sind Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte an Hochschulen oftmals ehrenamtlich tätig und verfügen nur über ein geringes Budget. Auch Frauenförderpläne existieren an einigen Hochschulen nicht. Gerade kleinere Hochschulen und Fachhochschulen können die wachsenden Anforderungen ohne die Bereitstellung entsprechender Mittel oftmals kaum bewältigen.

Vor diesem Hintergrund werden politische Forderungen und Regulierungen, wie die Einführung von Frauenquoten, das Professorinnen-Programm, die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache oder die Einführung reiner Frauenstudiengänge (monoedukativer Angebote), kontrovers diskutiert.